Menschen wollen arbeiten: Was Unternehmen dafür tun müssten
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Fri Jan 17 2025 at 07:00 pm to 09:30 pm
UTC+01:00Location
stratum lounge | Berlin, BE
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Mit „Purpose“ und „New Work“ versuchen Unternehmen heute, als Arbeitgeber Attraktivität zu entfalten. Vor allem im Werben um die Generationen Y und Z sollen diese Konzepte verfangen. Die Personalabteilungen stellen sich darauf ein, dass viele der gesuchten Fachkräfte ihren beruflichen Erfolg heute nicht mehr nur am Gehalt messen, sondern daran, wer möglichst viel Urlaub und Freizeit bei seinem Arbeitgeber herausverhandelt hat und möglichst oft im Homeoffice arbeiten kann.
Der Wirtschaftspsychologe Ingo Hamm, Professor an der Hochschule Darmstadt, befürchtet, dass die jungen Menschen damit in ein psychologisches Dilemma geraten. Er stellt fest, dass sie zwar ihre persönliche Selbstbestimmung über die klassischen Anreize – Gehalt, Status und Karriere – stellen, aber ohne zu wissen, was sie wirklich antreibt: „Sie verweigern die Möhre, ohne zu wissen, was sie stattdessen wirklich wollen. Sie wissen, dass sie kein Esel sein wollen – aber was dann?“
Die Herausforderung, persönlichen Sinn in der Arbeit zu finden, bestand allerdings auch in früheren Zeiten schon. In Umfragen sagten immer schon ca. 85 Prozent berufstätiger Menschen, dass sie nach einem sehr hohen Lottogewinn aufhören würden, zu arbeiten. Offenbar sahen sie keinen Sinn in beruflicher Arbeit. Was Ingo Hamm interessiert, sind aber die anderen 15 Prozent. „Wie verrückt ist das denn: Arbeit ist diesen Leuten wichtiger als mehrere Millionen Euro Lotto-Gewinn? Spinnen die?“, fragt der Wirtschaftspsychologe.
Im Gegenteil, so Ingo Hamm in seinem neuen Buch „Lust auf Leistung“. Diese Menschen haben verstanden, was in Zeiten der Work-Life-Balance-Diskussionen offenbar übersehen wird: Lebensglück und Selbstbestimmung liegt nicht im Vermeiden von Arbeit: „Es gibt das Glück bei der Arbeit nur – und wirklich nur – durch die Arbeit selbst.“ Aber warum sehen das die wenigsten so? Ist es wirklich nur die mangelnde Fähigkeit zur Selbstreflexion, wie der Autor an einer Stelle seines Buches zu unterstellen scheint?
Nein, ist es nicht. Ingo Hamm kommt zwar nicht umhin, auch das Individuum mit verantwortlich zu machen für dysfunktionale Verhaltensweisen, die uns unglücklich machen. Zum Beispiel dadurch, dass wir uns „häufig antreiben lassen von den Folgen einer Tätigkeit und nicht von der Tätigkeit an sich“. Aber was sein Buch interessant macht, sind die zahlreichen Hinweise darauf, was Unternehmen, Führungskräfte und HR-Abteilungen anders und besser machen können, um "keinen Fachkräftemangel, keine Motivationsprobleme, kaum X-Inefficiency, wenig Konflikte, wenig Absenz und wenig Fluktuation“ zu haben.
Hier in Stichpunkten die Task List für Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden mehr bieten wollen:
- Individuelle Kompetenzen der Mitarbeitenden entwickeln und aktiv fördern statt sie – als Berater, Zeitarbeiter oder Interimsmanager – einzukaufen. Wobei die Betonung auf „individuell“ liegt. Hamm: „Wir brauchen HR-Abteilungen, die sich in die Niederungen der Rahmenbedingungen der Arbeit begeben, die individuelle Aus- & Weiterbildung in den Mittelpunkt stellen, auch wenn es Mühe macht.
- Flow-Bedingungen herstellen statt durch Belohnungen motivieren wollen. Menschen sind dann erfolgreich und zufrieden, wenn sie ihrem individuellen inneren Antrieb folgen können, auch im Beruf. Und das können sie dann, wenn man Ihnen erlaubt, ihren Aufgabenbereich soweit selbst zu gestalten, dass sie ihren eigenen Flow-Kanal erzeugen. Also wirksam sind in einem Bereich, der genau zwischen Unter- und Überforderung liegt. Das setzt voraus, dass man ihnen die Chance zum „Job Crafting“ gibt. Hamm: „Wer Job Crafting betreibt, nimmt seinen Beruf und sein Schicksal selbst in die Hand, geht an die Grenze seiner Aufgabenbeschreibung.
- Professionelles Value Management statt wohlklingender, aber hohler Ziel- und „Purpose“-Verlautbarungen. Mitarbeitende wollen in ihrer Tätigkeit auch ihre eigenen persönlichen Werte verfolgen. Deshalb ist es wichtig, im Unternehmen nicht nur über soziale Werte (das gesellschaftlich als das Gute Definierte) zu sprechen, sondern auch über die persönlichen Werte der Mitarbeitenden und der Führungskräfte. Hamm: „Es reicht eben nicht, wohlklingende Werte-Hauptwörter zu veröffentlichen. Was über die Werthaltung eines Unternehmens entscheidet, ist die faktische Ausfüllung dieser Substantive im Führungsalltag. Welche Werte bestimmten tatsächlich das Handeln von Management und Belegschaft?“
An praktischen Beispielen erläutert Ingo Hamm, was Unternehmen und Mitarbeitende tun können, um Arbeit (wieder) lieben zu lernen, wie es im Untertitel seines Buches heißt. Er formuliert damit ein Gegenprogramm gegen die gängige New Work-Ideologie, die viel dafür tut, „dass Arbeit nicht mehr nach Arbeit aussieht und sich vor allem nicht mehr danach anfühlt.“ Menschen wollen arbeiten, weil und wenn sie darin die Quelle ihrer Selbstwirksamkeit finden.
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