Ilhan44 - Live in Hamburg - Support: Kamiqaz
Schedule
Sat Oct 12 2024 at 07:00 pm
UTC+02:00Location
Stellwerk Hamburg | Hamburg, HH
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Ilhan44Support: Kamiqaz
Date: 12.10.
Doors: 19:00
Genre: Rap/ Hip Hop/ Deutschrap Konzert
Vvk.: https://www.tixforgigs.com/Event/58436
Mitte der 90er-Jahre, Berlin, Neukölln. Damals war der Bezirk berüchtigt für Armut und Kriminalität, keine schöne Gegend für ein Kind. Im Herzen dieser Hood wuchs Ilhan wie so viele andere stimmlose Migrantenkinder auf - lange bevor die Gegend immer mehr zum Szenebezirk gentrifiziert wurde und seine Eltern zwang, eine kleine Wohnung in einer Hochhaussiedlung am Rande des Bezirks zu beziehen.
Polizei und Gerichtsvollzieher jagten die Familie aus ihrer Wohnung, da war Ilhan gerade 14 Jahre alt; seine beiden Schwestern noch jünger. Seine Mutter erlebte den Umzug allerdings nicht mehr – Sie wurde in die Türkei abgeschoben. Fortan ist auch auf den Vater kein Verlass mehr. Als den „verzweifelten Versuch eines alten Mannes, ein Erbe ohne Schulden zu hinterlassen“ bezeichnet er die Machenschaften seines umtriebigen Vaters. Das äußert sich allerdings in erster Linie darin, dass Ilhan nun selbst für seine Schwestern sorgen muss.
„Deine Kindheit nahm die Zeit, meine nahmen Gerichtsvollzieher“
In Armut und Perspektivlosigkeit aufzuwachsen, die Mutter zu verlieren, sich im Stich gelassen zu fühlen. Das macht einen jungen Mann wütend. Diese unbändige Wut kanalisiert Ilhan in seiner Lyrik. Als Poetry Slammer macht er sich in der Szene einen Namen als Teil des Kollektivs i,slam. Seine Leidenschaft galt aber der Rapmusik, der er seit mittlerweile zehn Jahren nachgeht, ohne je eine nennenswerte Veröffentlichung herausgebracht zu haben.
Die Musik wird seinen eigenen Qualitätsansprüchen nicht gerecht, was weniger an den eigenen Skills liegt als an den spartanischen Produktionsbedingungen. Geld lässt sich damit nicht verdienen. Trotz familiärer und finanzieller Probleme absolviert er sein Abitur und beginnt sogar ein Studium, das er nach einem Jahr abbricht. Nicht aus Mangel an Interesse oder Disziplin – das materialaufwendige Architekturstudium seiner ehrgeizigen und fleißigen Schwester ist teuer. Von Baba ist keine Unterstützung zu erwarten, also verdient Ilhan das Geld, um seiner Schwester ihr Studium zu ermöglichen. Das wenige Geld, das sich durch Tickereien und andere zwielichtige Aktivitäten verdienen lässt, kommt seiner Familie zugute oder verschwindet so schnell wieder wie es kam. Der Fluch des schmutzigen Geldes. Also räumt Ilhan zusätzlich Regale ein, will eigentlich nichts außer weg von dem kriminellen Scheiß.
„Wir vergiften eure Kinder mit dem Drogenpushen / Weil wir gerade gut genug sind, um die Klos zu putzen / Also frag mich nicht nach Rente, Dikka / Was für Geld zurücklegen? Ich muss jeden Tag drum kämpfen, Dikka“
50-Stunden-Wochen, an den Wochenenden Drogen pushen, ein bisschen mit Slams dazu verdienen – und Rap. „War ne Scheißzeit“ stellt er nüchtern fest. Sein Zorn und seine Frustration flossen weiterhin in die Texte. „Es hat mir das Gefühl gegeben, dass mir jemand zuhört. Nur dadurch kann ich mir Gehör verschaffen – das ist ungemein empowernd.“ – in einem System, das auf ihn scheißt, kämpft Ilhan darum, eine Stimme zu haben. Zu viele andere teilen sein Schicksal, haben aber nicht dieses Sprachrohr; müssen ihr Schicksal hinnehmen, am unteren Ende der Gesellschaft.
Doch Ilhan will diese unbequemen Themen adressieren. Er will sich keinem System unterordnen, das keinen Platz für ihn und seine Familie bereithält. Dass seine Mutter wegen ihres Kopftuchs auf Arbeit gemobbt und bei Behördengängen nicht ernstgenommen wurde, verstand er erst spät. „Von Rassismus und Diskriminierung betroffen zu sein, ist ein lähmendes Ohnmachtsgefühl. Ich wünsche es keinem. Ich musste mich schon sehr früh damit befassen, meine Mutter hat mir oft davon erzählt, dass wir hier nicht willkommen sind. Ich hab‘s nie verstanden, weil ich in Berlin geboren und aufgewachsen bin, aber ich habe das immer zu spüren bekommen.“
„Scheinbar wollen eure Beamten nicht, dass man’s stoppt: NSU, Halle, Hanau – Dikka enough is enough!“
2020. Ilhan will gehört werden. Ilhan will nicht mehr hustlen. Ilhan will aufs Ganze gehen. Mit einem kleinen Vertriebsvorschuss in der Tasche kann er seine Musik endlich so umsetzen, wie er sie schon immer haben wollte. Hochwertig maßgeschneiderte Produktionen, an denen er selbst mitwirken kann, statt Rumpelsound aus dem Kleiderschrank - das soll seinen Hunger, seine Wut und all das, was er zu sagen und erzählen hat, angemessen untermalen. „Ich habe mein ganzes Leben lang auf diesen Punkt hingearbeitet.“ Jetzt geht es los. „Wenn es nicht funktioniert, dann werde ich nicht aufhören, bis es funktioniert.“
https://www.instagram.com/ilhan_viervier/
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Where is it happening?
Stellwerk Hamburg, Hamburg, GermanyEvent Location & Nearby Stays: